Das Jahr 2019 hat mit einem Paukenschlag begonnen. Wie die “Schaffhauser Nachrichten” am 10. Januar berichteten, ist der Verein Wohnqualität Thayngen entschlossen, vor Bundesgericht zu gehen. Gleichzeitig betonte Vereinspräsident Paul Ryf einmal mehr seine Gesprächsbereitschaft – bis jetzt ohne Erfolg. Gemeindepräsident Philippe Brühlmann versichert, hinter den Kulissen seien Gespräche am Laufen, er sei am Arbeiten.
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20190110 SN Anriss auf der Titelseite
20190110 SN Artikel im Regionalteil
Vorläufig kann auf dem Zementi-Areal weiter Material gelagert und sortiert werden
Das Obergericht des Kantons Schaffhausen hat einen Rekurs des Vereins Wohnqualität Thayngen (VWT) abgewiesen und die aufschiebende Wirkung dieses Rekurses damit entzogen. Der VWT geht nun vor Bundesgericht.
Alfred Wüger
THAYNGEN. Im Seilziehen um die Nutzung des ehemaligen Zementi-Areals hat die Rail-Kontor AG einen kleinen Etappensieg errungen: Das Obergericht des Kantons Schaffhausen hält in seinem Entscheid vom 18. Dezember 2018 nämlich fest, dass dem Rekurs, der vom Verein Wohnqualität Thayngen (VWT) gegen die gegenwärtige Nutzung des Areals eingereicht worden war, die aufschiebende Wirkung entzogen wird.
Konkret heisst das, dass die Tätigkeit, die von der Rail-Kontor AG vor drei Jahren auf dem Areal aufgenommen wurde, weiter ausgeübt werden kann. Hinter der Rail-Kontor AG steht die SwissImooRec AG, die über die Rail-Kontor berechtigt ist, auf dem Areal verschiedene Materialien zu lagern.
Lukas Metzler, Verwaltungsratspräsident der SwissImmoRec AG, nimmt den aktuellen Entscheid des Obergerichts sehr positiv auf: «Wenn man die Begründung anschaut, dann sieht man, dass sie sehr differenziert und sorgfältig abgefasst ist.» Und: «Wenn wir die Arbeit hätten einstellen müssen, hätte das für uns erhebliche finanzielle Einbussen bedeutet.»
An diesem Punkt hakt Paul Ryf, Präsident des VWT, ein. «Wenn Sie das Urteil lesen», sagt er, «dann sehen Sie, dass darin das Geschick und die Vorteile und das Wohl der Rail-Kontor AG höher gewichtet wird als alles andere. Das ist für uns eine einseitige Beurteilung eines Status quo, der einem ganzen Quartier zu schaffen macht.» Fazit: «Wir werden den Entscheid ans Bundesgericht weiterziehen.» Vor allem auch deshalb, weil in dem Entscheid die Frage, ob es für die gegenwärtig stattfindenden Arbeiten auf dem Areal eine Baubewilligung vonnöten sei oder nicht, offen bleibt. Paul Ryf: «Das Gesetz will, dass es auch für ein solches provisorisches Lager eine Baubewilligung braucht, insbesondere wenn Sie sehen, wie viel auf diesem Areal tatsächlich gebaut wird.» Konkret ein Dorn im Auge ist Ryf «eine grössere Anzahl Baucontainer sowie Freizeitunterkünfte für Mitarbeitende. Ausserdem seien Lastwagenwaagen installiert worden.»
Noch viele offene Fragen
Der VWT hat vor Längerem auch beim Regierungsrat einen Rekurs eingereicht. Dieser ist noch hängig. «Bei diesem Rekurs geht es um dasselbe», sagt Paul Ryf. «Wir wollen, dass eine Baubewilligung eingereicht werden muss. Und ausserdem kritisieren wir die Verkehrsführung durch eine Tempo-30-Zone. Die Lastwagen gefährden die Kinder der Anwohner.» Dieses Argument wird jedoch vom jetzt vorliegenden Obergerichtsentscheid nicht gestützt: «Auch die mit der Einreichung von Fotoaufnahmen verbundene Aussage», schreibt das Obergericht, «der Lastwagenverkehr bilde ‹auf der verkehrsberuhigten Kesselerlochstrasse eine grosse Unfallgefahr› für die Anwohner, Bewohner des nahegelegenen Altersheims und die Besucher des Kesslerlochs, vermag kein hinreichend dringliches öffentliches Sicherheitsinteresse zu begründen.»
Trotzdem sagt Paul Ryf: «Da sind einfach noch viele Fragen offen hinsichtlich der Umwelt.» Und weiter sagt der Präsident des VWT, er wisse gar nicht, was die SwissImmoRec eigentlich langfristig auf dem Areal beabsichtige. Lukas Metzler: «Offen ist nach wie vor die Frage, wie es grundsätzlich mit dem Gelände weitergeht, denn wir möchten ja mehr machen, als das, was wir gegenwärtig hier tun. Im Moment haben wir eine befristete Betriebsbewilligung. Das ist für uns unbefriedigend. Wir möchten ein Wertstoffumschlagcenter bauen, Materialien sammeln, sortieren, kommissionieren und weiter transportieren. Deshalb ist dieses Grundstück für uns auch so wertvoll. Es hat einen direkten Bahnanschluss und liegt nahe an der Grenze.»
Paul Ryf vom VWT verneint, dass er und der Verein jegliche Tätigkeit auf dem fraglichen Areal verhindern möchten, aber: «Wir wollen das diskutieren, da ist das ganze Quartier betroffen. Alle Behörden gehen uns aus dem Weg und lassen uns nur prozessieren, und niemand sucht das Gespräch mit uns. Dabei sind wir nach wie vor gesprächsbereit.»
Der Gemeindepräsident von Thayngen, Philippe Brühlmann, sagte auf Anfrage, dass sehr wohl Gespräche im Gang seien, zwischen der Gemeinde, dem Kanton und dem Unternehmer, dass aber vereinbart sei, zurzeit Stillschweigen zu wahren. «Wir nehmen noch keine Stellung, hinter den Kulissen sind wir am Arbeiten», so der Gemeindepräsident, der allerdings zugibt, dass der VWT um Paul Ryf nicht in diese Debatten miteinbezogen sei.
Bleibt noch das Interkantonale Labor. Im Entscheid des Obergerichts steht, es könne nicht von einer Gefährdung des Grund- und des Trinkwassers ausgegangen werden, «zumal angenommen werden kann, dass das Interkantonale Labor die in dieser Hinsicht erforderlichen Kontrollen vornimmt». Das Labor selber gibt in dieser Angelegenheit keine Auskunft, und zwar weil es sich um ein laufendes Verfahren handelt. Paul Ryf: «Wir fragen uns, ob da wirklich gut genug hingeschaut wird.»