Sehr geehrte Vereinsmitglieder
Werte Sympathisanten und Interessierte
Sehr geehrte Damen und Herren

Als ich anlässlich der Jahresversammlung vom 19. Mai letzten Jahres ehrenvoll zum Präsidenten des Vereins Wohnqualität gewählt wurde, ging ich davon aus, den Verein vorerst durch ruhige Fahrwasser steuern zu dürfen. Bald wurde ich jedoch eines anderen belehrt.

Mit der Ablehnung des Zonenplans an der Abstimmung vom 12. April durch den Thaynger Souverän war nicht nur die Umwandlung der Mühliwies von der Landwirtschafts- in die Bauzone vom Tisch, sondern im gleichen Zug bedeutete es auch das Aus für die Umwandlung des Areals Zimänti Süd von der Industrie- in die Gewerbezone. Ein Umstand, den viele Stimmbürger übersehen haben dürften. Dieser Abstimmungsausgang  veranlasste die Eigner des Zimäntiareals umgehend zur erneuten Einreichung ihres Baugesuches für die seit langem geplante Recyclinganlage, welche seit mehreren Jahren Stein des Anstosses ist bei Thaynger Einwohnern, denen ein gutes Wohnklima am Herzen liegt.

Eine baldige Aussprache mit dem Gemeinderat  ergab, dass der aufgrund des  Umweltschutzberichtes UVB erstellte KOFU-Bericht eigentlich die Erteilung einer Baubewilligung ausschloss. Nun entsann man sich auch der Volksinitiative, welche das Initiativkomitee für eine Umzonung des Areals Zimänti Süd vor Jahren eingereicht hatte. Diese harrte noch immer der Volksabstimmung. Diese Initiative, von über 700 Thaynger Einwohnern unterschrieben, verlangte die Umzonung des Areals in eine Gewerbezone und ein Zone für öffentliche Bauten.

Der Gemeinderat stellte dem Einwohnerrat im Sinne eines Gegenvorschlags den Antrag auf Umzonung von Zimänti Süd in die Gewerbezone. Dies hätte am Wert des Areals substantiell nichts geändert und schien machbar. In der denkwürdigen Einwohnerratssitzung vom 27. August entschied das Gremium einstimmig und mit dem Segen sämtlicher Fraktionen, auf den Antrag des Gemeinderates einzutreten. Ein klares Bekenntnis mehrerer Exponenten des Parlaments, mit dem Initiativkomitee am selben Strick ziehen zu wollen, bewog dieses, die Initiative zurückzuziehen und sich auf die gemeinderätliche Vorlage auszurichten.

Eigentlich hätte diese Abstimmung am 18. Oktober stattfinden sollen. Da die Gemeinde das Abstimmungsdatum festlegte, ohne mit den Initianten Rücksprache zu nehmen, fehlte uns die Möglichkeit, die Initiative zugunsten des gemeinderätlichen Vorschlags vorgängig zurückzuziehen. So mussten wir den 15. November als neues Abstimmungsdatum akzeptieren. Was nun folgte, war ein viel zu langer Abstimmungskampf mit vielen unnötigen emotionalen Facetten; es schien beinahe ein kleiner Glaubenskrieg ausgebrochen zu sein, wie zahllose Leserbriefe in der lokalen Presse zeigten. Eine Pressekonferenz, welche wir einberiefen und im Kesslerloch abhielten, brachte unser Anliegen wirkungsvoll in die Medien. Unglücklicherweise wurde genau in dieser Zeit ruchbar, dass aufgrund der leicht in Schieflage geratenen Gemeindefinanzen eine Erhöhung des Steuerfusses nicht zu umgehen sein würde. Interessanterweise wussten die Propagandisten der Gegenpartei bereits deren prozentgenaues Ausmass, noch bevor die Steuerzahler dies offiziell erfahren hatten… Die Verarmungsangst mancher Einwohner, verstärkt durch die massive Drohkulisse der Eigner des Zimänti-Areals, führten wohl dazu, dass der Umzonungsantrag der Gemeinderats vom Stimmvolk  mit einem relativ knappen Resultat abgelehnt wurde.

Nun hatte natürlich die grosse Stunde für die Bauherren in Spe geschlagen. Zwar hatte der Souverän mit seinem Verdikt lediglich Nein gesagt zur Umzonung, doch interpretierten Erstere dies als expliziten Wunsch der Thaynger nach einer Recyclingsfabrik. Es folgte im Dezember ein erneuter Umweltschutzbericht. Dieser gibt aber kaum Antworten auf dringliche Fragen nach dem Schutz des Grundwassers sowie nach der Lärm- und Verkehrsbelastung. Am 4. Januar 2016 kamen wir erneut mit dem Gemeinderat zusammen. Dieser erklärte uns, dass man von der Erteilung einer Baubewilligung noch weit entfernt sein. Zudem müsse zuerst ein tauglicher Quartierplan vorliegen, den die Bauherren nun selbst ausarbeiten. Wir würden konsultiert, sobald dieser vorliege. Nun beantragten wir – mit Wissen des Gemeinderates – einen Termin mit den Verantwortlichen des Interkantonalen Labors in Schaffhausen.

Am 11. Februar 2016 kamen wir mit dessen Verantwortlichen zusammen und erörterten die Fragen rund um den Gewässerschutz. Im Vorfeld konsultierten wir den damaligen Betriebsleiter – heute würde man sagen COO – der früheren Zementi. Dieser konnte uns zahlreiche Schwächen rund um die letzten Betriebsjahre und die Zeit des Rückbaus der Fabrik aufzeigen. Wir nahmen zur Kenntnis, dass die aktuellen baulichen Massnahmen den Schutz des Grundwassers kaum garantieren können. Zudem bestünden aufgrund eines seinerzeitigen Gutachtens der Ingenieursfirma von Moos aus Zürich ernsthafte Bedenken in Bezug auf die derzeit dargestellten Grundwasserströme. Die Leute des Labors erklärten uns auf unsere Einwände hin, dass auch sie sich ein griffigeres Umweltgesetz wünschten, sich aber an die gültigen Vorschriften mit allen ihren Grauzonen zu halten hätten. Ein Faktenblatt, dessen Verbindlichkeit alles andere als klar ist, soll dabei wesentliche Hilfe leisten. Vermutlich letztendlich ein Fall für die Gerichte! Sauer aufgestossen war uns auch der Umstand, dass die Behörden den Arealbetreibern kurz zuvor eine auf zwei Jahre befristete Bewilligung zur Lagerung von bis zu 10‘000 Tonnen Schrottmaterial erteilt hatten. Darauf angesprochen meinten die Laborleute, dass keine substantiellen Umweltbedenken bestünden und das Material auf “befestigtem Grund” lagern würden. Wir bezweifelten das und verlangten vermehrte Kontrollen, welche denn auch zugesagt wurden.

Wie geht es weiter?

  • Wir warten noch auf den Quartierplan, dessen Besprechung uns vom Gemeinderat zugesichert wurde. Wir haben ein Dossier an Fakten zusammengestellt, welches uns als Gesprächsgrundlage dienen soll.
  • Leider gibt uns das Büro von Moos die Unterlagen über die Grundwasserströme nicht heraus, da dies alleine vom Auftraggeber (Portlandzementwerke Thayngen) oder dessen Nachfolgefirma Holcim verlangt werden könne. Ein sozusagen unmögliches Unterfangen, ist dieser Konzern doch heute vollkommen umgebaut und vom Zementmulti Lafarge übernommen.
  • Da aber im Falle einer Verschmutzung des Grundwassers vermutlich die Grundwasserfassung der Stadt Schaffhausen bei der Warthau betroffen sein dürfte, hat man von städtischer Seite die Empfangsantennen sensiblisiert.
  • Es bestehen Zweifel unsererseits, was den Status der Zubringerstrasse im hinteren Abschnitt der Kesslerlochstrasse betrifft: Ist es eine Erschliessungsstrasse, oder wurde sie vom Einwohnerrat in eine verkehrsorientierte Strasse umgewandelt? Die Protokolle sagen nichts dergleichen aus. Wir klären es ab.
  • Die Unvereinbarkeit der prähistorischen Fundstätte Kesslerloch mit einem Verschrottungsbetrieb ist gemäss KOFU (Kontrollstelle für Umweltfragen) eigentlich erwiesen. Hier gilt es den Finger drauf zu halten.
  • Die Areal-Eigner arbeiten derweil bereits mehr als auf Sparflamme; die Materialhaufen und der Geräteaufwand könnten den Schluss zulassen, dass die erlaubten 10‘000 Tonnen bereits optimal ausgenutzt werden dürften. Aber wird dies auch kontrolliert? Eine Verkehrsanalyse auf der hinteren Kesslerlochstrasse, welche wir von Januar bis März vorgenommen hatten, zeigte zudem, dass nicht nur eine Fahrzeug-Frequenz herrschte, wie sie im UVB im Falle des Vollbetriebs aufgeführt wird. Auch die gefahrenen Tempi waren im Schnitt deutlich höher, als die zulässigen und signalisierten 30 km/h.

Wie Sie sehen, waren die letzten 12 Monate alles andere als Courant Normale. Als Präsident wäre es angenehmer, sich mit Quartierfesten und anderen schönen Vereinsanlässen zu befassen. Aber Wohn- und Lebensqualität ist etwas, was immer wieder aufs neue erstritten und verteidigt werden muss – eigentlich ein Widerspruch zum vielzitierten Wohnortmarketing, welches neue Einwohner anziehen sollte. Es kann andererseits aber auch nicht unser Ziel sein, als “Anti-Schrott-Verein” in die Geschichte einzugehen. Also halten wir unser Spektrum offen und haben unter anderem auch den Ortsfahrplan herausgegeben.

Zum Schluss bleibt mir zu danken:

  • Den Vorstandskollegen für die Unterstützung an den zahlreichen Sitzungen und die Ausführung der immer wieder aufgegebenen Hausaufgaben.
  • Mein spezieller Dank gilt meinem Vizepräsidenten Aldo Künzli. Er darf zweifellos als Experte auf den für uns relevanten Gebieten bezeichnet werden, bleibt hartnäckig dran und lässt niemals Fünfe grad sein – typisch Lehrer, eben. Sein Support ist das Rückgrat unserer Arbeit!
  • Ihnen, den Vereinsmitgliedern, Interessierten und Sympathisanten; ohne Sie können wir nichts ausrichten, genau nach unserem Motto «Wir schauen genau hin!»

 

Thayngen, im Mai 2016 / Paul Ryf