Seit zwölf Jahren gibt es unseren Verein nun. Somit handelt es sich hier also auch bereits um den zwölften Jahresbericht eines VWT- Präsidenten. Sie erinnern sich: Unser Verein wurde seinerzeit gegründet in Hinsicht auf das geplante Schrottwerk-Projekt beim Kesslerloch. Das Projekt gibt es noch immer – aber seit nunmehr sechs Jahren eben auch das Providurium mit befristeter Betriebs-, aber ohne Baubewilligung. Aber der Reihe nach.

Dank an Anwalt Arnold Marti

Auch das Jahr 2020 reihte sich ein in die Serie der vorangegangenen. Allen Covid-19 – Massnahmen zum Trotz liefen die Rechtsverfahren weiter. Und natürlich auch der Zwischenlagerbetrieb im Areal Zimänti Süd. Eine Rechtsschrift löste die andere ab. Mit den Details möchte ich Sie weitestgehend verschonen, gebe aber auf Anfrage gerne weitere Informationen. Hätten wir in Dr. Arnold Marti nicht einen Anwalt, welcher bewandert ist mit der Materie, würden wir selber wohl nicht immer alles verstehen, was uns die Rechtsabteilungen diverser Ämter in verschlungenen Botschaften in Form von schwer verdaulichem Juristendeutsch immer wieder mitteilen. Manchmal denke ich, ein Gespräch wäre hilfreicher. Aber das scheint nicht Teil des Konzepts zu sein. Corona kam da vermutlich gerade wie gerufen. Neben dem Sachverhalt der «laufenden Verfahren» und «gebundenen Hände» kamen nun auch die Hygienevorschriften dazu, welche ein Gespräch erfolgreich verhinderten.

Verfahrensfehler

Eines ist uns inzwischen klar geworden: Nicht alles lief in der Vergangenheit einwandfrei ab. Dies teilte uns verklausuliert auch der Regierungsrat mit. Scheints bräuchte es für den befristeten Betrieb der Anlage eben doch eine Baubewilligung, was wir schon längstens monierten. Damit aber genug der Einsicht; die Anlage soll weiterlaufen. Eine äusserst grosszügige Auslegung geltenden Rechts, wie nicht nur wir, sondern auch diverse Sachverständige meinen.

Projekt Kesslerloch eingeschlafen?

Erinnern Sie sich noch? Vor gut dreizehn Monaten fand im Reckensaal ein Anlass statt. In Anwesenheit des kantonalen Baudirektors und wichtiger kantonaler und kommunaler Funktionäre wurde einer interessierten Öffentlichkeit ein «Leuchtturmprojekt» vorgestellt. Nein – kein Veloviadukt vom Chapf zum Berg – viel besser: Ein aufgewertetes Kesslerloch. Der Kantonsrat sprach dafür gar den schönen Betrag von 1.4 Millionen Franken. Mit allen möglichen tollen Massnahmen soll der Besuch der prähistorischen Fundstätte allen Interessierten von Nah und Fern zum einmaligen Erlebnis gemacht werden. Eine Frage: Haben Sie in der Zwischenzeit bis heute je wieder einmal etwas von diesem touristischen Juwel gehört? Ich auf jeden Fall nicht. Kein Wunder. Um das Projekt zu verwirklichen, sind Kanton und Gemeinde auf die Bereitschaft der SwissImmoRec AG angewiesen, einen Drittel des Areals zum Preis von 78 Franken pro Quadratmeter an den Kanton abzutreten. Glauben Sie, dass die Firma dies tun wird angesichts eines aktuellen Quadratmeterpreises von Industrieland von weit über 200 Franken und auch steigender Nachfrage? Mehrmaliges Nachfragen durch uns und auch durch Kantonsräte erbrachte stets die lapidare regierungsrätliche Antwort: Man sei noch am Verhandeln. Ob man das tatsächlich noch ist? Wir fragen sicher gelegentlich wieder nach. Und um es hier nochmals klar zu sagen: Der VWT ist für diese Aufwertung. Aber auch den Anliegen der Einwohner in Bezug auf Wohn- und Lebensqualität muss Rechnung getragen werden.

Wir fragen uns noch immer, was es auf sich hatte mit diesem Schachzug der Ankündigung dieses neuen Naherholungsgebietes. Goodwill bei der Bevölkerung auszulösen geht anders…

Im Einwohnerrat gut vertreten

Dann kamen die Gemeindewahlen. Die SVP verlor überraschenderweise Sitze im EWR, während die FDP, welche national eigentlich im Sinkflug ist, gewann. Auch ging der SVP die Rechnung in zweierlei Belangen nicht auf: Weg war der Sitz des Gemeindepräsidenten und auch beim Kantonsrat lief nicht alles wie man es vermutlich gerne gehabt hätte. Gut lief es hingegen für unseren Verein: Mittlerweilen sind fünf Vereinsmitglieder im Einwohnerrat. Und zwar überparteilich. Das dies nicht bei allen Parlamentariern und der Exekutive Freude auslöst, liegt in der Natur der Dinge. Man merkt eben: Mit uns ist immer stärker zu rechnen! Uns nur in die Störenfriede-Ecke zu werfen, greift wohl definitiv zu kurz.

Obwohl die «Causa Kesslerloch» noch immer unser dickstes Dossier ist, werden und wurden an unseren Verein auch immer wieder andere Fragen betreffend Wohn- und Lebensqualität herangetragen. Wie soll man beispielsweise vorgehen im Fall eines neu geplanten Schweinestalls für 600 Tiere auf grüner Wiese? Oder wie verwirklichen wir eine Tempo-30-Zone in unserem Quartier? Was können wir tun gegen den wachsenden Verkehr – auch unabhängig von der Verschrottungsanlage, was geschieht in Sachen Verkehr, wenn dann dereinst die Arbeiten an der Bahnüberführung laufen? Et cetera. Unsere Aufgabe sahen und sehen wir allerdings nicht darin, uns überall einzumischen.  Vielmehr sind wir gerne bereit, diesen Mitbürgern beratend zur Seite zu stehen, was auch immer wieder geschätzt wird. Falls sie dies mit ihrem Beitritt zum VWT quittieren – umso besser. Und sie tun es auch tatsächlich immer wieder.

Blick in die Zukunft

Erlauben Sie mir nun, ein bisschen in die Zukunft zu schauen. Diese begann quasi mit dem Quartierplan, den die Eigentümer des Areals Zimänti Süd in diesem Frühjahr einreichten. Diesen studierten wir genau; und mit uns auch interessierte Parlamentarier des Einwohnerrates. Wir stellten fest, dass der Quartierplan zu vieles ausliess, was positive Auswirkungen auf die Situation der hier lebenden Bevölkerung haben könnte. Und zwar sowohl hinsichtlich Umwelt als auch in Sachen Verkehr. Hier kamen nun die fünf VWT-Mitglieder im Einwohnerrat zum Zug: Sie lancierten eine Motion, welche den Gemeinderat verpflichtete, alternative Zufahrten zum Areal zu prüfen. Nachdem in der darauffolgenden EWR-Sitzung der Gemeinderat einen Nachtragskredit von 62’000 Franken zur Genehmigung vorgelegt hatte, beschloss der Rat, diesen doch sehr beträchtlichen Betrag auf 12’000 Franken zu reduzieren. Das sollte eigentlich genügen für die verlangte Expertise, war die Meinung der Mehrheit. Alternative Zufahrtsvarianten gäbe es sicherlich. Keine davon ist allerdings einfach und billig zu haben.

Praktisch gleichzeitig erhob der VWT Einsprache gegen den Quartierplan. Wir begründeten dabei Punkt für Punkt. Doch nichts da: Alles war nicht nachvollziehbar für den Gemeinderat, also weiter damit an den Kanton. Dort bemerkte man dann jedoch Verfahrensmängel in Bezug auf den KOFU-Bericht. Die KOFU (Koordinationsstelle für Umweltschutz des Kantons Schaffhausen) wies in ihrer Stellungnahme den Gemeinderat auf diese Mängel hin. Der QP war also gar nicht bewilligungsfähig und der Gemeinderat muss über die Bücher. Nach einer akzeptierten Fristerstreckung muss nun die Dorfregierung diese Scharte bis zum 12. Oktober auswetzen. Keine Ahnung, ob dies einfach eine Formalität ist oder doch komplizierter. Wir warten mal ab.

Insgesamt gesehen wird es interessant sein, wie Kanton und Gemeinde alle offenen Fragen und laufende Verfahren handhaben werden. Durchwinken wird nun immer schwieriger. Denn nach einer allfälligen rechtsgültigen Bewilligung des Quartierplans wird letztendlich auch noch ein Baubewilligungsverfahren anstehen. Eine Angelegenheit, welche uns alle noch beschäftigen wird.

Positiv hervorzuheben ist der Umstand, dass der neue Baureferent und der bisherige Tiefbaureferent zu Beginn des Jahres eine Delegation des VWT begrüssten. Es ging den Beiden dabei darum, unsere Anliegen kennenzulernen und uns ihre Standpunkte darzulegen. Damit war aber die Gesprächsbereitschaft bereits erschöpft. Alles weitere habe ich ja schon geschildert. Es gibt also – wie der Engländer sagt – «Room for Improvement».

Sanierung Bahnüberführung

Zu guter Letzt noch ein paar Worte zum Thema Sanierung der Bahnüberführung Erlengasse: Wie wir alle wissen, soll diese ab dem kommenden Jahr durch die Deutsche Bahn AG während beinahe zweier Jahre saniert und modernisiert werden. Wie bereits verlautete, soll es hier zu sehr langen Zeiten der Sperrungen und Einbahnverkehrs-Lösungen kommen. Eine grosse Herausforderung für Planer, Verkehrsteilnehmer – und natürlich auch für die Einwohner. All dieser Umleitungsverkehr wird jedoch – sollte die Rechnung der Betreiber beim Kesslerloch aufgehen – auch noch kumuliert durch den zu erwartenden Mehrverkehr von und zum Areal Zimänti Süd. Ich gehe davon aus, dass spätestens dann sogar ausserhalb des VWT einige Kritik laut werden wird.

In nächster Zeit wird uns vermutlich die Arbeit nicht ausgehen. Und eigentlich ist es ja ein gutes Zeichen für eine funktionierende Demokratie, dass der Bürger wach bleibt und als Souverän den von ihnen gewählten Politikern auf die Finger schaut, obwohl dies für die Magistraten nicht immer angenehm ist.

Eine kleine Reminiszenz am Rande und zum Schluss, die ich Ihnen nicht vorenthalten möchte: Ende Juni meldete sich der neu für den Reiat eingesetzte Lokalredaktor der Schaffhauser Nachrichten telefonisch bei mir. Er stellte mir die provokative Frage, ob der VWT eigentlich kompromissbereit sei oder ob wir sture Böcke seien. Ich erklärte ihm, dass wir sehr wohl für Kompromisse zu haben wären, bis jetzt aber noch nie die Gelegenheit zu einem Dialog mit den Unternehmern hatten. Das entfachte offensichtlich seinen journalistischen Eifer. Er erklärte mir, gerne einen Runden Tisch arrangieren zu wollen und diesbezüglich Kontakt mit den Arealbetreibern und der Gemeinde aufnehmen. Ich habe nie mehr etwas vom jungen Journalisten gehört.

Und nun bleibt mir, zu danken. Und zwar meinen Vorstandsmitgliedern für ihre Mitarbeit in unserem Gremium. Dass vieles immer am Präsidenten hängenbleibt, ist eine Gesetzmässigkeit, welche auch andere Vereine kennen. Aber es ist wichtig, einen Vorstand zu haben, der verhindert, dass man zum Einzeltäter werden muss.

Zu danken ist auch all denjenigen, welche unserer Arbeit wohlwollend gegenüberstehen, aber auch den konstruktiven Kritikern, welche uns auf dem Teppich halten.

Und natürlich auch Ihnen, liebe VWT-Mitglieder, welche uns mit Ihrer Zugehörigkeit den Rücken stärken. Ihre Einflussnahme ist wichtig und sehr gefragt!

Paul Ryf, Präsident