Der teilrevidierte Richtplan des Kantons setzt die neuen Raumplanungsvorgaben um – und bringt einen eindeutigen Kurswechsel. Jetzt kann sich jedermann dazu äussern.
VON MARK LIEBENBERG
Samstag, 6. Mai 2017, Schaffhauser Nachrichten
In Sachen Siedlungsentwicklung bestimmt der Kanton inskünftig alles und die Gemeinden nicht mehr viel. So kann man kurz zusammengefasst die neue Ausrichtung im kantonalen Richtplan beschreiben, der die Bundesvorgaben des im Jahre 2013 von Volk und Ständen angenommenen Bundesgesetzes über die Raumplanung enthält. Die Zersiedelung stoppen und die Entwicklung nach innen verdichten – das war damals auch der Wille von 63,2 Prozent der Schaffhauser Stimmberechtigten. Mehr zentrale Planung soll gewährleisten, dass die Siedlungsentwicklung verstärkt in den bereits bestehenden Bauzonen stattfindet. Eine gesamtkantonale Planung passt die Bauzonen in den Gemeinden dem voraussichtlichen Baulandbedarf für 15 Jahre an. Diese Grundüberlegungen müssen nun alle Kantone in ihrer Richtplanung integrieren und darlegen, wie sie dies umsetzen wollen. Im Kanton Schaffhausen ist dies ebenfalls erfolgt, der teilrevidierte Richtplan liegt seit dieser Woche öffentlich auf.
Gesamtplanung für ganzen Kanton
Einer der Paradigmenwechsel besteht darin, dass neu der Kanton vorgibt, wie viel Bauland in einer Gemeinde möglich ist und wohin die Siedlungsentwicklung laufen soll aufgrund der Wachstumsvorgaben. Diese Schubumkehr ergibt sich aus den neuen Raumplanungsvorgaben des Bundes. Neu am Richtplan ist deshalb auch, dass er erstmals für den Kanton ein fixes Siedlungsgebiet in drei verschiedenen Räumen definiert – bisher war dies ein dynamischer Vorgang, der vom Bauzonenmanagement in den Gemeinden abhing. «Mit der neu vorgenommenen Feststellung des Siedlungsgebietes fällt der bisherige Spielraum der Siedlungsentwicklung auf der grünen Wiese weg. Neu gibt es eine Gesamtplanung für den ganzen Kanton», sagt Susanne Gatti, Leiterin der Fachstelle Raumplanung des Kantons, die mit ihrem Team die Richtplanrevision verantwortet. Drei verschiedene Siedlungsbereiche werden (neben den Landwirtschafts-, Natur- und den Arbeitszonen) definiert: Agglomerationskernzonen (Schaffhausen, Neuhausen, Beringen, Thayngen), regionale Zentren (Neunkirch, Stein am Rhein) sowie der ländliche Raum. Daneben gibt es einzelne Entwicklungsschwerpunktareale: das Im Benze-Areal in Beringen, das Mühlental und Herblingen in der Stadt sowie das Bahnhofsquartier Thayngen. Der Siedlungskörper soll primär in der ersten Gruppe wachsen – und zwar nach innen durch Verdichtung und präzisen Vorgaben bezüglich der Nutzungsdichte. «Für die nächsten Jahre gilt: Wir haben im Kanton genug Wohn-, Misch- und Zentrumszonen, dort ist
eine punktuelle Entwicklung nach innen möglich, wenn die Nachfrage nach Wohnraum besteht», sagt Gatti. Für die Nutzungsintensivierung werden pro Raumtyp neu Zielwerte festgesetzt (Bewohner/ Nutzer pro Hektare): 90 im Agglokernraum, 55 in den regionalen Zentren und 40 im ländlichen Raum. Gesteuert wird dies allein von den
Prognosen zur Bevölkerungsentwicklung. Stand heute weist der Kanton Schaffhausen diesbezüglich einen Überschuss an Baulandreserven auf: Man geht von weniger neu dazukommenden Raumnutzern aus, als es Bauland zur Verfügung hat. Neueinzonungen sind deshalb für die nächsten Jahre tabu. Gerade Landgemeinden befürchten daher, dass sie nicht mehr in die Fläche wachsen können. Allerdings hat sich die Lage mittlerweile geändert: «Die Wachstumsszenarien
für 2040 gehen davon aus, dass wir mittelfristig ein ausgewogenes Verhältnis von Bauland und Bevölkerungswachstum haben», sagt Gatti. Ausgegangen wird von 21 000 zusätzlichen Raumnutzern bis 2040. 73 Prozent davon sollen gemäss Richtplan in den bestehenden Agglomerationskernraum gelenkt werden. Parallel zur Richtplanrevision läuft ein Programm, bei dem der Kanton gemeinsam mit den Gemeinden eine intensive Raumerhebung und Nutzungsplanung vornimmt. «Wo sind unüberbaute Zonen, wo gibt es welche Potenziale, wo kann man verdichten? Wir sind überzeugt, dass wir mit planerischen Massnahmen hier und dort eine bessere Nutzungsdichte erreichen», so Gatti. Auf die Gemeindebehörden kommt aber trotzdem noch einiges zu: Sie müssen über ihre Nutzungsplanung detailliert Rechenschaft ablegen, aufzeigen, wie sie die für ihren Raumtyp festgelegte Zieldichte erreichen wollen. Und gerade weil das Wachstum nicht mehr in die Fläche geht, wird der Kanton durch mehr Planung und Steuerung sicherstellen, dass alle baulichen Massnahmen den neuen qualitativen Vorgaben entsprechen. Ferner sieht der Richtplan ein Arbeitszonenmanagement vor, damit bei Bedarf bestehende Arbeitszonen verdichtet und neue bereitgestellt werden können. Gerade erst im letzten Jahr konnte eine grössere Firmenansiedlung nicht gemacht werden, weil zu wenig Gewerbefläche im Kanton vorhanden war.