Kinderfreundliche Gemeinde – aber wie lange noch?

Hannes Wipf hat den Schaffhauser Medien einen interessanten, nachdenklich stimmenden Leserbrief zugestellt, der vom “Thaynger Anzeiger” am 28. November 2017 veröffentlicht worden ist. Er hat nichts an seiner Aktualität eingebüsst! Bereits am 24. November kam Hannes Wipf in den “Schaffhauser Nachrichten” zum gleichen Thema zu Wort: Rücksichtslose Chauffeure und Nachtparkierer sorgen für rote Köpfe.  Die ganze SN-Seite finden Sie unter Medien.

Thayngen ist als erste Gemeinde in der Region von der Unicef mit dem Label «kinderfreundliche Gemeinde» ausgezeichnet worden. Das freut uns sehr und der Dank gilt all denen, die zu diesem tollen Erfolg beigetragen haben! Die (Kinder-)Freundlichkeit, die Infrastruktur und vor allem die Wohnqualität waren denn auch Gründe für uns, wieso wir vor rund zehn Jahren nach Thayngen zogen und weshalb wir diesen Entscheid seither auch nie bereut haben.

Allerdings wird das Ganze seit einigen Monaten deutlich getrübt: Seit die SwissRec (Rail-Kontor) ihre Schrottsortierung im Kesslerloch begonnen hat, donnern täglich Dutzende von Schrotttransport-Lastwagen durch das Quartier Silberberg und/oder am Bahnhof und Altersheim vorbei. Dass die betreffenden, meist mit osteuropäischen Autoschildern fahrenden, Chauffeure sich wohl an keinem anderen Ort gewohnt sind, für die Anfahrt zu einer Schrottfabrik durch ein Wohnquartier zu fahren, sieht man daran, dass kaum einer vor einem Fussgängerstreifen anhält oder sonst das Tempo drosselt. Dies übrigens – und das darf hier ruhig auch erwähnt werden – im Gegensatz zu den allermeisten Lastwagenchauffeuren der lokalen oder regionalen Betriebe.
Da für unsere beiden Kinder der Schul- bzw. Kindergartenweg über die nun eben von unzähligen solchen Schwertransportern befahrene Schaffhauserstrasse führt, kam es schon mehrmals zu sehr gefährlichen Situationen. Das eine Mal konnte ich unsere Tochter – welche wohlgemerkt völlig korrekt über den Fussgängerstreifen gehen wollte – im letzten Moment noch zurückreissen, da der Lastwagenchauffeur mehr mit seinem Navi für die Anfahrt zum Kesslerloch beschäftigt war, als dass er auf die übrigen Verkehrsteilnehmer hätte achten können. Ein anderes Mal musste ich selber mit dem Auto bei der Kreuzung Kesslerlochstrasse/Schenebüelweg eine Vollbremsung machen, da ein Lastwagen, welcher mit überhöhtem Tempo in Richtung SwissRec unterwegs war, meinen Rechtsvortritt gänzlich missachtete: ich entging einem Crash mit dem betreffenden Schwertransporter nur knapp.

Selbstverständlich habe ich das Gespräch mit den Verantwortlichen gesucht. SwissRec-Verwaltungsratspräsident Lukas Metzler sagte mir am Telefon zwar, er könne meine väterlichen Sorgen durchaus verstehen, meinte allerdings lapidar, dies sei schliesslich «nicht Sache der SwissRec, sondern deren Zulieferer» und auf diese hätten sie eben «keinen wirklichen Einfluss». Meine Bitte, er solle mir in diesem Fall die Kontaktdaten der betreffenden Transportfirmen geben, damit ich dort vorstellig werden könne, lehnte er dann aus so genannt «datenschutzrechtlichen Gründen» ab…

Wenn man jetzt noch in Betracht zieht, dass die eigentlich geplante Schrottverarbeitung der SwissRec wegen der noch fehlenden Bewilligung noch gar nicht begonnen hat, dann wird uns nicht nur wegen dem dann von der Schrottpresse und der Schrottschredderanlage verursachten Lärm, sondern vor allem auch wegen der dann zu erwartenden Lastwagenfahrten quer durch Thayngen Angst und Bange. SwissRec-Verwaltungsratspräsident Metzler hat mir gegenüber telefonisch nämlich auch bestätigt, dass dann mit einem Mehrfachen an Lastwagenfahrten zu rechnen sei.

Wenn Thayngen also eine kinderfreundliche Gemeinde mit hoher Wohnqualität bleiben will, müssen wir diese Schrottverarbeitungsanlage unbedingt verhindern. Mir alleine sind übrigens drei Fälle von – steuerlich durchaus potenten – Familien bekannt, welche sich bei der Evaluation der Wohngemeinde in den letzten zwei Jahren schliesslich gegen Thayngen entschieden haben, da sie das Risiko eines deutlichen Wohnqualitätsverlustes durch Lärmemission und unzählige Lastwagentransporte nicht eingehen wollten. Und dies notabene, obwohl alle drei derzeit Thayngen eine sehr hohe Lebensqualität attestierten.

Es ist an der Zeit, dass die Gemeinde- und Kantonsbehörden Ihre Verantwortung übernehmen und alles dafür tun, dass keine Verschrottungsanlage in unmittelbarer Nähe zu Wohnquartieren, Schulen und Altersheimen möglich wird.

Spätestens wenn das erste Kind nämlich von einem solchen Schrott-Schwertransporter angefahren wird, hat das Label «kinderfreundliche Gemeinde» seine Berechtigung wieder verloren – lassen wir es bitte nicht soweit kommen!

Hannes Wipf, Thayngen